Zur zeitlichen Verteilung der Venusdurchgänge

Im Juni 2004 fand ein Venustransit statt, der auch in der Öffentlichkeit große Beachtung fand. Allgemein bekannt sein dürfte, dass diese Erscheinungen zu den seltensten vorausberechenbaren astronomischen Ereignissen gehören, denn in 243 Jahren ereignen sich nur vier derartige Ereignisse, die aber sehr ungleich verteilt sind. Die Zeitintervalle zwischen den einzelnen Ereignissen betragen 121,5, 8, 105,5 und 8 Jahre. Wie kommt eine derart ungleichmäßige Verteilung zustande?

Die Bahnneigung der Venusbahn ist mit 3.4° relativ hoch (von den großen Planeten hat nur Merkur eine noch größere Bahnneigung). Von der Erde aus betrachtet, kann die Venus bis zu 8° von der Ekliptik entfernt stehen - dazu muss sie fern ihrer Bahnknoten und nahe an der Erde stehen.
Wir gehen von der allgemein bekannten Tatsache aus, dass sich die geozentrischen Erscheinungen der Venus nach acht Jahren ziemlich genau wiederholen, denn fünf synodische Venusumläufe sind annähernd acht tropische Jahre.

5 · 583.92 = 2919.6
8 · 365.24 = 2921.9

In jeweils acht Jahren finden i. a. fünf untere Konjunktionen statt, diese liegen ca. 585 Tage auseinander. Genau betrachtet, variiert dieser Zeitraum zwischen 580 und 588 Tagen. Dies ist in erster Linie durch die Exzentrizität der Erdbahn verursacht, denn die Bahn der Venus ist in sehr guter Näherung kreisförmig.

Gegenwärtig finden unteren Konjunktionen an folgenden Tagen statt:

1996 Juni 10
1998 Jan. 16
1999 Aug. 20
2001 März 30
2002 Okt. 31
2004 Juni 8
2006 Jan. 13
2008 Aug. 18
2009 März 27

Man sieht hier, dass sich das Datum der unteren Konjunktion langsam zurück verlagert (2 oder 3 Tage in 8 Jahren, je nachdem, wieviele Schaltjahre in den acht Jahren enthalten sind).

Über einen längeren Zeitraum betrachtet, kann man feststellen, dass sich das Datum der geozentrischen Venuserscheinungen in 100 Jahren um rund einen Monat verschiebt.

1892 Juli 9
1900 Juli 8
...
1924 Juli 1
...
1948 Juni 24
...
1972 Juni 17
...
1996 Juni 10

Verlagerung des Datums der unteren Venuskonjunktion (berechnet nach [1])

Stellt man die Positionen der Venus zu den unteren Konjunktionen auf ihrer Bahn um die Sonne grafisch dar, so haben die fünf Punkte in guter Näherung denselben Abstand voneinander. Verbindet man die Punkte entsprechend der zeitliche Aufeinanderfolge, so erhält man ein "Pentagramm". Diese Linien haben selbstverständlich nichts mit der Bahn der Venus zu tun. Genau gesehen, ist die Figur natürlich kein Pentagramm, denn die Position im Jahre 2004 fällt nicht genau mit der von 1996 zusammen, sondern ist um etwa 2° gegen die Bewegungsrichtung der Venus verschoben.
Die rote Linie verbindet die Bahnknoten der Venusbahn.

Pentagramm

Grafik der unteren Konjunktionen der Venus 1996 bis 2004

Man sieht nun, dass in den Jahren 2004 und 2012 (nicht eingezeichnet) die unteren Konjunktionen so dicht am Knoten liegen, dass sich ein Transit ereignen kann. Wegen der relativ großen Bahnneigung der Venusbahn können sich an höchstens zwei in der 8-Jahresperiode aufeinanderfolgenden unteren Konjunktionen Transits ereignen. Die Knotenlinie kann für diese Betrachtung als ortsfest im Raum angesehen werden.

Wann kann sich nun der nächste Transit nach 2012 ereignen?
Der nächstfolgende Venusdurchgang nach 2012 ist ein 8-Jahres-Nachfolger der unteren Konjunktion, die gegenwärtig Mitte Januar stattfindet (2006 Jan. 13). Wegen der beschriebenen Verlagerung des Datums dauert es über 100 Jahre, bis ein Konjunktionsdatum in der ersten Dezemberhälfte erreicht ist.

2006 Jan. 13
2014 Jan. 11
...

2046 Jan. 1
2053 Dez. 30
...

2109 Dez. 13
2117 Dez. 11

Die Seltenheit der Venusdurchgänge ist also in erster Linie darauf zurück zu führen, dass sich die geozentrischen Erscheinungen sehr genau nach 8 Jahren wiederholen. Eine halb so große Bahnneigung der Venus hätte zur Folge, dass mehrere (ca. 4 - 5) Venustransits in Folge (jeweils 8 Jahre Abstand) stattfinden würden, es gäbe jedoch ebenfalls mehrere Jahrzehnte Abstand zwischen diesen Ereignissen.


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